23. September 2021 Thema: Anträge und Stellungnahmen, Bau- und Planung, Fraktion, Sozial-, Sport- und Kultur Von Christian Hader
Seit 2019 beschäftigt sich die Gemeindevertretung mit der Frage, ob auf dem gemeindeeigenen Sportplatz hinter dem Hallenbad ein Kunstrasenplatz errichten werden sollte. Ausgangspunkt dieser Überlegungen und der jahrelangen Diskussionen ist der Umstand, dass die Gemeinde Groß-Zimmern für die Errichtungen eines solchen Kunstrasenplatzes eine Bezuschussung von bis zu 2/3 der Kosten über das Projekt „soziale Stadt“ erhalten könnte. – Um es also vorab schon einmal deutlich zu sagen, ohne eine solche Fördermöglichkeit wäre die Errichtung eines solchen Platzes für die Gemeinde Groß-Zimmern nicht finanzierbar und niemand wäre ernsthaft auf die Idee gekommen, dass wir uns so etwas leisten können oder sollten.
Nichtsdestotrotz klang das Projekt auf den ersten Blick vielversprechend: Für einen Eigenanteil von 200.000,00 bis 300.000,00 € hätte die Gemeinde die Möglichkeit einen Kunstrasenplatz zu bekommen, der einem natürlichen Rasenplatz in vielem Voraus ist. Insbesondere kann ein solcher Kunstrasenplatz fast das ganze Jahr genutzt werden und er verkraftet auch eine viel intensivere Nutzung (so ein Rasenplatz ist Natur und braucht auch mal Pause). Damit kann man also viel mehr Mannschaften (jung oder alt) auf der gleichen Fläche trainieren als auf einem Rasenplatz. Insbesondere in den nassen Jahreszeiten, in welchen Hallenzeiten oft ausgebucht sind, ein großer Vorteil. Teilweise könnten die Vereine damit auch einen Wettbewerbsnachteil zu anderen Vereinen, die einen solchen Kunstrasenplatz nutzen, wettmachen. Auf den ersten Blick auch für uns eine gute Idee.
Allerdings sind die Rahmenbedingungen für die Nutzung nicht optimal. Der Gemeindesportplatz verfügt über keine Umkleide- und Waschräume. In den wärmeren Monaten ist das kein Problem, da kann man sich im freien umziehen (auch wenn das nicht jedermanns Sache ist). Aber in den kälteren Monaten, wo ein Kunstrasenplatz seine Vorteile besonders ausspielt, passt das nicht mehr so recht. Klar gibt es einen Verein, der in der Nachbarschaft seine eigenen Umkleiden hat, aber ein solches Projekt sollte doch allen Zimmner Vereinen Vorteile bringen.
Dann wurde immer deutlicher, dass ein solcher Kunstrasenplatz ökologisch einige Lasten mit sich bringt. So ist die bekannte Nutzung mit Kunststoffgranulat in der heutigen Zeit nicht mehr akzeptabel, weil dadurch sehr große Mengen an Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Auch wenn es hierzu Alternativen (Kork oder Sand) gibt, bleibt der Hauptbestandteil Kunststoff und auch dieser verursacht Mikroplastik und eine Verunreinigung der Umwelt. Das Naturprodukt Rasen ist ein wichtiger Sauerstofflieferant dieser Erde – ein Fußballfeld allein produziert Sauerstoff für 120 Menschen. Darüber hinaus bindet Naturrasen Staub und absorbiert Schadstoffe. Auf Kunststoffrasen trifft dies alles nicht zu. Aus unserer Sicht bei der Gesamtabwägung ein dicker Minuspunkt.
Ein Kunstrasenplatz muss Übrigens auch ständig gepflegt werden. Es muss geschaut werden, dass immer genügen Granulat, Kork oder Sand vorhanden ist und um die Bespielbarkeit zu gewährleisten ist je nach Wetter – fast wie bei einem natürlichen Rasen – auch eine Bewässerung nötig. Der natürliche Rasen muss regelmäßig gestutzt werden. Insofern gibt es hier keinen Vor- oder Nachteil für die ein oder andere Variante. Aber eben durch einen Kunstrasenplatz auch keine größeren Einsparungen, was man vielleicht hätte erwarten können. Vor diesem Hintergrund wäre es bedenkenswert, dem Naturgrün auf den Sportplätzen mehr professionelle Pflege und Betreuung angedeihen zu lassen und so für gute Platzverhältnisse zu sorgen. Es gibt genügend Beispiele für den sichtbaren Erfolg professioneller Pflege. Daher es scheint vernünftig, zuerst hier die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor man sich der vermeintlich Lösung des Kunststoffrasens zuwendet.
Ein weiterer Aspekt ist die Kostenfrage. Natürlich gibt es eine ordentliche Förderung, aber 200.000,00 bis 300.000,00 € die unsere Kommune (und am Ende wir alle) aus eigener Tasche bezahlen muss, ist eine Menge Geld. Dafür könnte man ganz viele Einzelprojekte unterstützen.
Und das ist auch ein Punkt, den es zu berücksichtigen gilt: der Gemeindesportplatz wird und kann nicht von vielen Vereinen genutzt werden. Ist es fair so viel Steuergeld in ein Projekt zu investieren oder wäre es nicht fair, vorhandenes Geld gleichmäßig unter den Zimmner Vereinen zu verteilen. Zumal die Bespielbarkeit des Naturrasenplatzes weiterhin gut gegeben ist, eine Einschränkung im Spielbetrieb und bei der Jugendförderung aktuell nicht gegeben ist. Es handelt sich folglich nicht um eine zwingend notwendige Maßnahme, was vor dem Hintergrund der finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise ebenfalls berücksichtigt werden sollte.
Nur der Vollständigkeit halber ist auch noch auf ein Problem hinzuweisen, dass eher verwaltungstechnischer Natur ist, für die Gemeinde aber ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hat: Die Gemeinde ist verpflichtet die Kosten für eine solchen Sportplatz (wie auch bei Gebäuden und quasi allen größeren Anschaffungen) abzuschreiben. Das heißt pro Jahr der Lebenserwartung ist ein entsprechender Geldbetrag zu berücksichtigen, der nicht ausgegeben werden darf. Das wären bei geschätzten Kosten von 600.000,00 bis 800.000,00 € und einer Lebenserwartung von 10 Jahren also zwischen 60.000,00 und 80.000,00 €, welche der Gemeinde jedes Jahr an anderer Stelle fehlen, wenn wir uns für einen Kunstrasenplatz entscheiden.
Ein weiteres Problem ist, dass ein solcher Platz eine Lebenserwartung von 10 bis 15 Jahren hat. Nach dieser Zeit muss der Platz also saniert werden und es fallen nochmals Kosten von mehreren Hunderttausend Euro an. Die müsste die Gemeinde dann selbst tragen, oder – wenn ihr das Geld fehlt – den Platz sperren. Eine Weiternutzung mit Einschränkungen, wie bei einem nicht mehr ganz neuen Rasenplatz, ist schwerlich vorstellbar.
Zusammenfassend sind wir deshalb, teilweise schweren Herzens, zu der Überzeugung gelangt, dass die verschieden praktischen Vorteile, die Nachteile in ökologischer und finanzieller Hinsicht nicht überwiegen und es dann auch nicht fair wäre – trotz hoher Fördermöglichkeiten – das Geld der Gemeinde, dass auch an anderer Stelle gebraucht wird hierfür einzusetzen.