13. August 2018 Thema: Ortsverein Von Christian Hader
,Gibt stets Gewinner und Verlierer“
Straßenbeiträge: Roßdorfs Bürgermeisterin Sprößler und Pfungstadts Stadtchef Koch berichten über ihre Erfahrungen
Groß-Zimmern * Straßenbeiträge: Das Thema spaltet und kann den Schweiß auf die Stirne treiben. Am Mittwoch war es definitiv die Hitze. Dennoch waren rund 60 Interessierte der Einladung der SPD gefolgt, die zwei Bürgermeister mit Erfahrung nach Groß-Zimmern geholt hatte. Ihr Fazit: Egal, in welchem Modus – der Bürger zahlt immer.
Beim Treffen unter dem Titel „Wer bezahlt die Straßen in Zimmern?“ bleiben die Genossen im Chorraum der Mehrzweckhalle nicht unter sich. Neben Kollegen anderer Parlamentsfraktionen waren auch Bürger gekommen, die von Christel Sprößler (SPD) seit 2003 Bürgermeisterin von Roßdorf, und Patrick Koch (SPD), der seit 2014 Pfungstadt vertritt, hören wollten, was da auf sie zukommen könnte. Wie berichtet, erwägt die Gemeindevertretung seit zwei Jahren, die einmaligen auf wiederkehrende Beiträge umzustellen.
„Wir wollen die Eigentümer schützen, gleichzeitig muss die Finanzierung der Straßen gesichert sein“ erläuterte Zimmerns SPD – Chef und Gemeindevertreter Christian Hader in der Begrüßung. „Da es mittlerweile drei Möglichkeiten der Beitragsabrechnung für grundhafte Erneuerung gibt, wollen wir die Bürger in den Prozess einbeziehen“.
Moderatorin Catrin Geier, SPD – Landtagskandidatin und ebenfalls Parlamentsmitglied, umriss den Status quo: „Für eine Mustersatzung haben wir 30.000 Euro im Haushalt eingestellt.“ Die Satzung bleibt aber bisher im Geschäftsgang.
Wie Groß-Zimmern erhebt Roßdorf einmalige Beiträge, nachdem die Gemeinde in der Finanzkriese durch Steuereinbrüche in defizitäre Schieflage geraten war. „Je nach Grundstücksgröße kann da ein fünfstelliger Betrag rauskommen“, sagte Sprößler, wobei die Bauarbeiten an Kanal- und Wasserleitungen stets in einem Aufwasch gemacht würden, was die Kosten für die Anlieger senke. Diese seien schon Jahre vorher über Maßnahmen informiert worden, hätten die Rechnung jedoch erst hinterher und in Raten begleichen können.
Neu sei „mein Lieblingsmodell“ dass eine Ratenzahlung auf 20 Jahre mit Zinssatzsenkung und ohne dass der Schuldner dies begründen müsse, ermöglicht werde. Neben der wiederkehrenden Beiträge stehe jetzt zusätzlich die Rückabwicklung der Muss- in die Kannvorschrift zur Debatte. „Die Kommunalaufsicht sagt, wir werden nicht mehr auf die Straßenbeitragssatzung drängen, auch bei defizitären Kommunen“, informierte Sprößler.
Ihre Gemeindevertretung habe deshalb beschlossen, die bisherige Satzung aufzuheben. Das Geld müsse aber irgendwo herkommen, zum Beispiel durch Grundsteueranhebung. In Roßdorf diskutierten drei große Gruppen mit unterschiedlichen Präferenzen. Derzeit werde ein Satzungsentwurf für wiederkehrende Beiträge erarbeitet.
Nach vierjähriger Diskussion gibt es diese auch in Pfungstadt. Die Stadt hatte zwar eine Satzung, die sei aber seit dem Jahr 2002 nicht mehr angewandt worden, berichtete Koch. Der Bürgermeister findet den Abrechnungsmodus „solidarisch und gut, es gibt aber Gerechtigkeitslücken. Zum Beispiel zahlen Mieter nichts, fahren aber auch.“ Generell sei eine Systemumstellung für Verwaltung und Bürger unbeliebt, aufwendig und teuer. „Es gibt immer Gewinner und Verlierer bei diesem Thema.“
Allein die externe Dienstleister haben die Stadt 150.000 Euro bezahlt, darüber hinaus seien anfangs viele Widersprüche zu bearbeiten gewesen. Derzeit müssten Bürger 100 bis 200 Euro jährlich berappen, und es liefen Gespräche über die völlige Abschaffung der Beiträge – „ das hätte ich mir früher gewünscht“.
Bei der anschließenden Fragerunde plädierte ein Groß-Zimmerner dafür, den Abrechnungsmodus per Bürgerbefragung festzulegen. „Schwierig, bei einem derart komplexen Thema“, meinte Sprößler.
Groß-Zimmerns CDU Beigeordneter Clemens Geiß wollte von Koch wissen, ob die Verwaltung bei der Satzungsgestaltung zusätzliches Personal eingestellt habe. Die Antwort „Nein, aber Mitarbeiter waren durch die Datenerhebung sehr belastet.“ Laut Sprößler gibt die Landesregierung zwar einen Zuschuss zur Erhebung, der decke aber die Kosten nicht. „Außerdem müssen bei wiederkehrenden Beiträgen die Daten permanent nachgepflegt werden.“ „ Beiträge abschaffen“, forderte ein Bürger. „Warum sollen wir unser System ändern?“ fragte ein weitere. „Bisher konnten wir bei der Straßengestaltung mitwirken, das wird dann wohl künftig nicht mehr so sein.“